Heldenmusik im Römertheater
Szenisches Konzert in Augusta Raurica
Von Michèle Faller
(Artikel BaZ vom 16. September 2011)
Augst. Das Römertheater liegt menschenleer in der Abenddämmerung. Am Himmel sorgt ein Wolkenschauspiel für natürliche Lichteffekte, und abgesehen von Wind und fernem Autorauschen herrscht Stille. Schweren Schrittes nähert sich eine Gruppe von Menschen. Die einen hinken, andere lassen den Kopf hängen. Einer hält seine Geige wie ein Kind im Arm, eine andere scheint ihr Fagott nur mühsam tragen zu können.
Sie setzen sich und fangen langsam und leise an zu spielen. Erst zaghaft und schwach, dann immer stärker erklingt die “Marseillaise”, und plötzlich ertönen auch von oben Trommelwirbel und Fanfaren. Die französische Nationalhymne schallt nun voll und kompakt durchs Freilufttheater – und hat doch sehr wenig mit der pompösen und geradezu brutalen Art zu tun, mit der dieses Musikstück sonst oft gespielt wird. “Danke”, unterbricht der Dirigent die Siegesstimmung und wendet sich nach oben. “Könnt ihr die Pulte bitte vorher einstellen? Sie knarren extrem laut. Die Römer wussten schon, warum sie do bauten!”.
Im Theater Augusta Raurica findet eine der letzten Proben von “Triumph und Trauer” statt, das heute und morgen aufgeführt wird. Das Konzertprojekt der Stadtmusik Basel und des Akademischen Orchsters Basel bringt Heldenmusiken von Gossec bis Berlioz auf die Bühne. Die emotionalen Werke stammen – bis auf die “Grande symphonie funèbre et triomphale” – aus der (post-)revolutionären Epoche zwischen 1792 und 1815.
Nun hat das Orchester im Theaterrund Pause, und die Stadtmusik spielt auf der gegenüberliegenden Treppe die “Deux marches de la révolution française” von François-Joseph Gossec. Auch hier klingt die Blasmusik bei aller Forschheit immer wieder elegant und raffiiniert. Plötzlich dreht sich der Dirigent von den Musikern ab und spurtet quer über die Wiese die Treppen des Römerhteaters hoch, um sich einen akustischen Überblick zu verschaffen.
Am Schluss wird der “Grande symphonie” geprobt, in voller Besetzung und mit allem, was die hart kämpfenden Steicher, die Bläser und das Schlagwerk samt Trommeln, Pauken und Schellenbaum hergeben. Hühnerhaut ist garantiert – und nicht des kühlen Nachtwinds wegen.