Geschichte, die nicht im Regal verstaubt

Geschichte, die nicht im Regal verstaubt

bz vom 11.Juli 2022
von Fabian Schwarzenbach

Zum 150. Jubiläum gönnt sich die Stadtmusik Basel ein Museum, das alle Interessierten bequem besuchen können.

Hanspeter Müller erzählt von damals, als die Basler Stadtmusiker (es waren noch keine Frauen dabei) sich bei den Proben noch siezten. «Da sind wir gerne in einen Verein gegangen, da kam man ein bisschen fort», berichtet er über seinen Start bei der Stadtmusik Basel als 18-Jähriger. Seine Erzählungen sind eine Trouvaille des digitalen Museums des mittlerweile 150-jährigen Musikvereines.

Tamara Ackermann war eine treibende Kraft hinter der Museumsidee. «Jubiläumsschriften haben eine gewisse Tradition. Aber wir lesen sie einmal und sie verschwinden im Schrank», erzählt sie und ergänzt: «Wir wollten etwas, das nachhaltiger ist.» Zu jener Zeit hat Ackermann gerade an der Unibibliothek in Basel an einer Edition gearbeitet. Da kam sie auf die Idee einer Website mit verschiedenen Darstellungsformen. «Das kann weiter wachsen und vereint Text, Videos und Bilder.» Ein Team öffnete darauf die Archive. «Wir haben die Fotoalben, die Protokollbücher durchforstet und uns gefragt: Was sind interessante Geschichten?»

In einem weiteren Schritt mussten die Inhalte digital aufbereitet werden. Unterteilt wurde das digitale Museum in «Geschichte und Geschichtliches» sowie «Musik und Klänge». Ackermann sind die persönlichen Anekdoten des 90-jährigen Mitglieds Müller ans Herz gewachsen. Sie kann immer wieder schmunzeln, so etwa, als die Rede auf «etwas trinken nach der Probe» kam. «Die Alten wollten dorthin und die Jungen in die Beiz, wo es die schönsten Kellnerinnen gab», gibt sie die Erinnerung von ihm wieder.

Stadtmusik Basel im Jahr 1916

Ab den 1970er-Jahren musizierten auch Frauen mit

Ackermann zieht den Faden zum Thema «Frauen in der Stadtmusik» weiter. Auf den alten Vereinsporträts waren immer Ehrendamen abgebildet. Darauf wies Müller hin, während Präsident Ruedi Küng entgegnete: «Heute spielen die Ehrendamen mit!» Tatsächlich sei dann schnell ein Wechsel im Gespräch erfolgt: «Mitte der 1970er-Jahre musizierten auch Frauen mit und gleichzeitig wurde das Saxofon zugelassen», freut sie sich als Saxofonistin.

Beruflich schreibt Ackermann an einer Dissertation in Musikwissenschaften. Auch dafür kann sie eine Erkenntnis aus dem digitalen Museum gewinnen: «Ein Dirigent hat Transkriptionen von Stücken selber geschrieben und der Stadtmusik hinterlassen», erläutert sie etwas, das eher selten vorkommt.

Beeindruckt ist Tamara Ackermann von einer Vereinsreise von 1939. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zog es die Stadtmusikanten nach Tunesien. «Das war sehr speziell für diese Zeit», meint sie.

Zu den Kosten der Arbeiten sagen Ackermann und Küng wenig; es steckt sehr viel Eigenleistung dahinter, die nicht verrechnet wurde. Zudem hat auch ein Mitglied die Seite nach einem Baukastenprinzip erstellt.

Schliesslich ist das digitale Museum ein Buffet, an dem sich Geschichtsinteressierte bedienen können. Es ist nun eine Woche online, und bis jetzt haben nur Mitglieder das digitale Museum besucht. Nun können alle einen Blick in die Geschichte der Stadtmusik werfen. «Es ist ein zeitgenössisches Museum», betont Ackermann, «kein abgeschlossener Prozess. Es werden weitere Inhalte dazukommen.»

museum.stadtmusikbasel.ch