Die Stadtmusik Basel feiert Geburtstag in allen Regenbogenfarben

Die Stadtmusik Basel feiert Geburtstag in allen Regenbogenfarben

bz vom 06. Mai 2022
von Reinmar Wagner

Die Stadtmusik Basel feiert mit Musik von Gershwin oder Grainger und «Wizard of Oz» ihren 150.Geburtstag.

150 Jahre alt zu werden, ist nur sehr selten jemandem vergönnt. Und wenn man will, so ist die Stadtmusik sogar ein gutes Stück älter: «Landwehrmusik» hiess das Blasorchester, aus dem am 2.Juli 1872 die Stadtmusik Basel hervorging.

Mit jenem Namen verbunden ist die traditionelle Herkunft vieler Blasmusiken aus den Militärkapellen, wo Trompeten und Trommeln seit jeher eine wichtige Rolle spielten – als Taktgeber beim Marschieren, als Muntermacher vor den Schlachten, vor allem aber als festliche Repräsentation militärischer Stärke.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts hielten sie auch Einzug ins bürgerliche Konzert- und Vereinswesen. Erstes Vorbild waren die französischen Blasmusiken, die während der napoleonischen Besetzung der Schweiz auftauchten. Bald äusserte sich, ähnlich wie in Turn- und Gesangsvereinen, das Selbstverständnis des bürgerlichen Zeitalters in der Mitmachkultur von Blasmusikkapellen, die damit auch zu wichtigen Kristallisationspunkten sozialer und politischer Vernetzung wurden.

Ungebrochene Traditionslinie

Ehrensache für Stadt- und Gemeinderäte, mitzutun beim Blasen, Singen oder Turnen. Und in vielen Regionen Europas – abseits der grösseren Städte jedenfalls – ist diese Tradition bis heute gesellschaftlich wichtiges und gern gepflegtes Brauchtum.

Ehrwürdig aber bei der Stadtmusik Basel ist eigentlich nur der Jahrgang und die ungebrochene Traditionslinie. Sie ist ein moderner Verein, und auch die Überalterung, die man nicht nur in Amateurorchestern oder Laienchören, sondern auch in der Blasmusikszene immer wieder beobachten kann, scheint bei der Stadtmusik Basel kein Problem zu sein.

Stolz kann man vermelden, dass sowohl die Besetzung von etwa 60 Mitspielenden sowie das Durchschnittsalter in den vergangenen Jahrzehnten konstant gehalten werden konnten.

Quer durch alle Musikstile

Seit 2018 leitet der Basler Mischa T. Meyer die Stadtmusik. Er ist Posaunist und hat sich unter anderem in Luzern, Boston und Maastricht zum Blasorchesterdirigenten ausbilden lassen. Im 19. Jahrhundert spielten die Blasorchester hauptsächlich Bearbeitungen von bekannten sinfonischen Werken oder populären Opern. Das hat sich gründlich geändert.

Seit etwa 1900 sind zahlreiche Stücke zum Repertoire hinzugekommen, die eigens für die gängigen Besetzungen der Orchester komponiert wurden. Und heute spielt man nach Lust und Laune quer durch alle Musikstile von Klassik über Jazz, Pop und Musical bis zu Film-, Volks- und Tanzmusik.

Diese Vielfalt spiegelt auch das Jubiläumskonzert der Stadtmusik: Nach dem «Feierlichen Einzug», den Richard Strauss 1909 für den Johanniterorden komponierte, folgen Blasorchester-Klassiker von Percy Grainger, Paul Fauchet oder Alfred Reed, ein Paso Doble von Oscar Navarro und ein Arrangement der «Wizard of Oz»-Filmmusik von Harold Arlen mit dem Evergreen-Hit «Over the Rainbow».

Ein Filetstück im Jubiläumsprogramm ist die «Rhapsody in Blue» von George Gershwin. Auch im Arrangement für Blasorchester ist sie eigentlich ein sehr jazziges Klavierkonzert, und dafür braucht es natürlich einen Solisten, der nicht nur die fingerflinke Virtuosität für diese Partie mitbringt, sondern auch die Finessen des Jazz-Pianos beherrscht.

Schon lange stand für diesen Auftritt der in Basel lebende Pianist Andriy Dragan fest. Er stammt ursprünglich aus der Ukraine, und damit erhält das Konzert nach dem Angriff Putins auf sein Heimatland eine zusätzliche, ungewollte Aktualität. Man hat sich deshalb bei der Stadtmusik entschlossen, den Erlös der Kollekte für ukrainische Musikerinnen und Musiker zu spenden.